Kündigung des Arbeitsverhältnisses – was nun?

Veröffentlicht in der Tageszeitung "Darmstäder Echo" am 11.04.2008

Kündigung des Arbeitsverhältnisses – was nun?  

Welche Fristen sind einzuhalten?

Für einen Arbeitnehmer, der eine Kündigung seines Arbeitsverhältnisses erhalten hat, stellt sich zunächst die Frage, ob er die damit verbundene Beendigung des Arbeitsverhältnisses widerspruchslos hinnehmen soll. Um sich rechtliche Möglichkeiten nicht von vornherein zu verbauen, ist die Beachtung der in § 4 Kündigungsschutzgesetz (KSchG) bestimmten Klagefrist wichtig. Danach muss spätestens drei Wochen nach Zugang der Kündigung Klage beim Arbeitsgericht erhoben werden. Wird diese Frist nicht eingehalten, ist eine spätere rechtliche Überprüfung der Kündigung grundsätzlich aussichtslos. Die Frist beginnt regelmäßig zu laufen, wenn der Kündigungsbrief übergeben oder in den Hausbriefkasten eingeworfen wurde. Ist der Arbeitnehmer zu diesem Zeitpunkt allerdings ortsabwesend, beispielsweise wegen eines längeren Urlaubs, oder aus einem anderen Grund unverschuldet an der Einhaltung dieser Frist gehindert, kann die Klage auf Antrag auch noch nachträglich durch das Gericht zugelassen werden.

Die Klageerhebung kann durch einen vom Arbeitnehmer beauftragten Rechtsanwalt oder den Arbeitnehmer selbst über die Rechtsantragsstellen der Arbeitsgerichte erfolgen, wobei Letztere jedoch nur bei der Formulierung behilflich sind und keine Rechtsberatung durchführen dürfen. Entscheidet sich der Arbeitnehmer für den Gang zum Anwalt sollte dies so schnell wie möglich erfolgen. Denn so manche Kündigung wurde schon wegen gewisser Formfehler „gekippt“, die jedoch schon vor Ablauf der o.g. 3-Wochenfrist unmittelbar gegenüber dem Arbeitgeber geltend gemacht werden müssen.

Rechtzeitige Meldung bei der Arbeitsagentur beachten!

Seit dem 1. Januar 2006 sind Arbeitnehmer generell verpflichtet, sich spätestens drei Monate vor der Beendigung des Arbeitsverhältnisses bei der Agentur für Arbeit arbeitssuchend zu melden. Ist allerdings der Zeitraum zwischen dem Zugang der Kündigung und der tatsächlichen Beendigung des Arbeitsverhältnisses kürzer als drei Monate, hat die Meldung bei der Agentur für Arbeit innerhalb von drei Tagen zu erfolgen. Wird z.B. einem Arbeitnehmer während der Probezeit mit einer Kündigungsfrist von 14 Tagen gekündigt, muss er sich innerhalb von drei Tagen nach Zugang der Kündigung arbeitssuchend melden. Versäumt der Arbeitnehmer diese Frist, wird ihm das Arbeitslosengeld für eine Woche gesperrt.

Muss der Arbeitgeber den Arbeitnehmer nach Ablauf der Kündigungsfrist weiterbeschäftigen?

In der Praxis kommt immer wieder die Frage auf, ob der Arbeitgeber den Arbeitnehmer auch über den Ablauf der Kündigungsfrist hinaus beschäftigen muss, wenn der Arbeitnehmer sich mit einer Kündigungsschutzklage gegen die Kündigung wehrt. Diese Frage ist - jedenfalls bis zum Abschluss des erstinstanzlichen arbeitsgerichtlichen Verfahrens - grundsätzlich zu verneinen, ungeachtet dessen, dass der Arbeitgeber bei einem späteren Obsiegen des Arbeitnehmers das Gehalt nachzahlen muss.

Allerdings gibt es von diesem Grundsatz Ausnahmen. Existiert im Betrieb ein Betriebsrat, so hat dieser im Rahmen seines Mitbestimmungsrechts nach § 102 Betriebsverfassungsgesetz die Möglichkeit, einer Kündigung aus den gesetzlich geregelten Gründen zu widersprechen. Macht der Betriebsrat von dieser Möglichkeit Gebrauch, so folgt allein hieraus schon ein Anspruch des gekündigten Arbeitnehmers über den Tag der Kündigungsfrist hinaus im Betrieb verbleiben zu dürfen. Dieser sog. betriebsverfassungsrechtliche Weiterbeschäftigungsanspruch gilt zunächst unabhängig von der Wirksamkeit einer Kündigung und wird erst dann beseitigt, wenn über die Kündigung rechtskräftig entschieden ist. Dies kann bei der Durchführung eines Berufungsverfahrens erfahrungsgemäß ein bis zwei Jahre dauern. Der Betriebsrat kann dem Arbeitnehmer folglich einen ganz erheblichen Prozessvorteil verschaffen. Voraussetzung ist jedoch, dass der Betriebsrat seinen Widerspruch sorgfältig und nicht lediglich pauschal begründet hat.

Besteht ein Anspruch auf eine Abfindung?

Zwar werden in der Praxis nicht selten Abfindungszahlungen geleistet, entgegen einer weit verbreiteten Vorstellung ist der Arbeitgeber hierzu aber grundsätzlich nicht verpflichtet. Abweichend von anderen Rechtsordnungen ist das deutsche Arbeitsrecht darauf ausgelegt, bei einer rechtswidrigen Kündigung den Fortbestand des Arbeitsverhältnisses zu sichern. Bis auf die gesetzlich besonders geregelten Ausnahmefälle können die Arbeitsgerichte daher keine Abfindungen festsetzen, sondern kennen nur eine „Schwarz-Weiß-Betrachtung“: Ist die Kündigung rechtswidrig, so wird das Arbeitsverhältnis fortgesetzt, anderenfalls erfolgt die Feststellung, dass das Arbeitsverhältnis durch die Kündigung sein Ende gefunden hat. Werden trotzdem am Ende vieler Arbeitsgerichtsprozesse Abfindungen gezahlt, so beruht dies allein auf freien Verhandlungen der Parteien. Hierbei haben sich sog. Faustformeln eingebürgert, wonach entsprechend dem Alter des Arbeitnehmers zwischen 0,5 und 1,0 Gehälter pro Jahr der Betriebszugehörigkeit in Ansatz gebracht werden. Für die endgültige Abfindungshöhe sind aber regelmäßig der zu erwartende Prozessausgang, die damit verbundenen Risiken und das Verhandlungsgeschick der Parteien bzw. ihrer Rechtsanwälte maßgeblich.

 


Nicole Brauer
Fachanwältin für Arbeitsrecht
Kasinostraße 5, 64293 Darmstadt
Tel. 06151/30 766-0

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